Von Katharina Sebert. Ich betrete den Raum. Es ist Dezember 2016. Ich begegne dir und es durchzuckt uns. So etwas haben wir noch nie zuvor erlebt. Ich sehe dich sofort. Du sitzt angelehnt an der Wand auf dem Boden. Mit deiner kleinen Tochter und zwei Frauen. Wir sehen uns an und ich spüre den Feuerblitz in deinem Körper ebenso wie den in mir. Ich habe nicht den Mut, zu dir zu gehen und setze mich ans andere Ende des Raums. Aufgewühlt und zugleich gewiss. Gewiss, wie immer dann, wenn etwas ganz in der Seelenwahrheit wurzelt und in guter Weise unausweichlich ist.
Unsere Blicke begegnen sich. Ein Zucken durchfährt uns. Ich kenne dich. Du, meine Seele, ich kenne und liebe dich. Schon immer. So sehr, dass mein ganzes System vibriert. So fing unsere Geschichte an. Die Heldinnenreise der Feuerreiterinnen. So nennen wir uns. Nicht ahnend, durch wie viele Feuer wir reiten würden. Bilder von uns steigen kurz darauf hoch. Auf galoppierenden Pferden weit zurück in unserer Zeitrechnung in der kirgisisch-mongolischen Steppe. Zwei Männer. Beste Freunde. Und Liebende. Bilder von uns am Lagerfeuer, eng umschlungen, in unserer Liebe versinkend, sie durstig auskostend.
Du berührst mich im Kern. Als würde ich mir selbst in anderem Körpergewand begegnen. Ich weiß noch nicht, was es ist und sage schon bei unserem zweiten Treffen, dass ich mich sofort in dich verlieben würde, wenn du ein Mann wärst. Ich denke mir nichts dabei, außer dass ich tiefes Bedauern empfinde, dass du keiner bist. Wir sitzen einen Monat später mit anderen am Tisch und mein ganzer Körper, meine Seele, mein Sein will dir nah sein. Immer wieder lehne ich mich zu dir, atme dich, fühle mich so daheim, wie nie zuvor mit jemand anderem, obgleich ich noch nichts von dir weiß. Und zugleich alles. Du bist an diesem Tag als erste der Gäste angekommen und durch meine Wohnung gegangen und hast mich erkannt. Ich weiß, dass ich vor dir nichts verbergen kann, ebenso wenig wie du vor mir. Wir kennen einander, als würden wir uns selbst begegnen. Mit allen Licht- und Schattenseiten. Alles. Und lieben uns in aller Gänze, Fülle, Weite und Tiefe.
Wir sprechen über unser früheres Leben in der Steppe und du willst mehr wissen. Ich erzähle von den besten Freunden, vom Galoppieren und lasse den zweiten Teil weg. Feuerreiter waren wir, sage ich, und allein das Wort – auch das habe ich noch nie zuvor verwendet – löst eine Zustimmung aus, uns dem Leben und seiner Lebendigkeit vollständig und mit jeder Faser unseres Seins hinzugeben. Später erzählst du mir, wie enttäuscht und traurig du warst, als du gehört hast, dass wir nur beste Freunde waren. Ich weiß, was du meinst. Aber ich traue mich noch nicht. Und ich weiß noch nicht. Die Zeit steht still und fließt gleichzeitig in Lichtgeschwindigkeit, sobald wir zusammen sind. Zeitlos, raumlos, wie in der Unendlichkeit der Seelenwelt schwebend, in der Jahrhunderte ein Augenzwinkern dauern und ein Augenblick sich in die Ewigkeit dehnt. Dann sehen wir uns Monate nicht, bevor sich unsere Wege wieder kreuzen.
Es nieselt an diesem Tag Anfang Mai und du wartest vor der Tür auf mich. Wie magnetisch bewegen wir uns aufeinander zu. Deine Augen blitzen, mein Herz tobt, wir strahlen über beide Ohren. Und dann: eine Umarmung, aus der wir uns kaum lösen können und wollen. An diesem Abend will ich dir nah sein, so nah. Du spielst Gitarre, wir singen und mein Herz umarmt den ganzen Kosmos. Du erzählst von den Babas, die an Beltane, auf Baumstämmen reitend, durch die Dörfer ziehen und nach Honig rufen, weil sie mit Bären geschlafen haben, und meine Lippen suchen deine Nähe. Ganz zuletzt, direkt vor dem Abschied, finden sie deine, nur ganz kurz, denn du musst los. Wir ahnen immer noch nicht wirklich, was ist, obwohl ich dir an diesem Abend vor allen anderen, die zum Singen zu dir gekommen sind, zurufe, dass ich mich schon Jahre zuvor sofort in dich verliebt hätte, wenn wir uns begegnet wären. Es liegt ein Zauber in unserer Unwissenheit.
In der Nacht danach bekomme ich Klarheit. Der Schleier lüftet sich mir. Ich träume von einer Freundin, die Frauen geliebt hat und erst ein paar Monate zuvor ihre Körperin verlassen hat. Im Traum küsst, berührt, umarmt und liebt sie mich. Es ist unvorstellbar schön, ich bin durch und durch verzaubert. Ich wache auf wie Dornröschen nach ihrem hundertjährigen Schlaf und weiß mit einem Mal, dass unsere Liebe auf allen Ebenen gelebt werden will. Ich bade in dieser Vorstellung und sehe dich in den kommenden Wochen immer wieder beim Singen. Es gibt keine Eile, unsere Liebe ist Jahrtausende alt und kennt die Ewigkeit. Auf einer Picknickdecke einige Wochen später beim Singen im Park dehnen sich unsere Körper zueinander und halten kurz davor inne. Unsere Seelen tanzen währenddessen miteinander und verschmelzen inniglich. Liebe kennt kein Geschlecht. Ein paar Tage später schreibst du mir, wie gern du mit mir abends noch in die Sterne geschaut hättest. Zwei Monate danach holen wir das nach und blicken in den Nachthimmel, bei einem großen Lagerfeuer liegend, wie damals in der Steppe. Etwas Magisches geschieht in dieser Nacht. Als würden sich unsere vielen gemeinsamen Leben zu einem kosmischen Liebesteppich verknüpfen.
Unsere Liebe ist ein Mysterium und trägt die einzigartige Schönheit des Kosmos in sich, und unsere tiefentransformierenden Heldinnenreisen in die Unterwelt sind unberechenbar und fruchtbar wie Vulkanausbrüche. Es dauert keine drei Wochen und wir berühren so tiefe Themen ineinander wie niemand je zuvor. Und auch das ist anders als in anderen Beziehungen. Die Liebe und magnetische Anziehung zwischen uns ist so groß, weit und tief, so ewig, zeitlos und unendlich, dass wir nicht in Projektionen und Vorwürfe verfallen, sondern lieben und leiden. Beisammen sein wollen und sehen, dass uns augenscheinlich Lebensskripte bewegen, denen wir wie einem verdeckten und dramatischen Drehbuch folgen. Ich dem Skript der Meerjungfrau, die den Prinzen vor dem Ertrinken rettet, sich unsterblich in ihn verliebt und ihn nur aus der Ferne lieben kann und daran stirbt. Und du folgst der Orpheus-Mythe, dem zutiefst Liebenden, der seine große Liebe verliert und einsam auf einer Kiesbank den Rest seines Lebens Lieder von der Liebe singend sich nach ihr, der einen großen Liebe, verzehrt.
Rasch ist uns bewusst, was uns heimlich bewegt und führt und dass wir heilen dürfen, müssen und können – endlich und nach vielen gemeinsamen Leben, in denen es uns nicht gelungen ist – was uns davon abhält, unsere große Liebe wirklich zuzulassen. Uns für diese Dimension zu öffnen. Alle Schichten, Wunden, Glaubenssätze, Gelübde und Schatten zu transformieren, die sich darübergelegt und dazwischen gestellt haben. Vulkanisch verbrennen wir in unseren Reisen in die Unterwelten der Seele das Alte, um der Tiefe, Weite und Wahrheit dieser Liebe den Raum geben zu können, den sie braucht, um verbunden und frei atmen, sich ausdehnen und entfalten zu können. Um diesen Raum ganz zu entdecken, zu erforschen, zu erfahren, zu erfüllen und zu bewohnen.
Ich werde die Geschichte unserer Liebe in einem Buch niederschreiben. Die Geschichte der Feuerreiterinnen. Ich verneige mich vor dem Kosmos, dem Leben, dem Großen Geist der Liebe für diese Gnade und segne unsere Liebe und das Leben, das uns wieder zusammengeführt hat.
Zur Autorin: Katharina Sebert ist Heilpraktikerin, Wegbegleiterin, Lehrerin, Autorin, Heilungs- und Friedensaktivistin, Lebens-, Liebes-, Glücksforscherin und allzeit Lernende beim Zentrum für Tiefenheilung ‚In guten Händen‘ (www.in-guten-Haenden.com). Sie bietet Heilungs- und Ermächtigungs-Kreise, -Seminare und -Ausbildungen an, hat das Format des WildgansFrauenFlugKreises entwickelt, in welchem sie auch ausbildet, und kommt zu dir in deine Stadt und in deinen (Frauen)Kreis, wenn der Weg nach München zu weit ist. Sie versendet monatlich einen kostenlosen Inselbrief, den man auf ihrer Webseite abonnieren kann. Dort kann man auch die ‚Katharina@in-guten-Haenden.com
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